Nutzlose Online-Tools und ihre Vertreter
Nicht nur in den sozialen Netzwerken, auch auf der eigenen Internetseite müssen Kommunen mit der Zeit gehen. Ein gutes Beispiel ist die Integration von Karten und Plänen in die Webseiten. Statt auf kostenlose, moderne und innovative Lösungen aus dem Hause Google oder Microsoft zurückzugreifen, lassen sich viele Verwaltungen von Vertretern bezierzen, dessen Handelsware das Verfallsdatum längst überschritten hat. Finger weg von Produkten aus der Internet-Steinzeit.
Als Anfang der 1990er Jahre die Städte und Gemeinde in das Internet strömten und ihre Webseiten aufbauten, durfte ein Tool nicht fehlen: Der Stadtplan. Es entstand ein großer Markt für Anbieter dieser Straßen- und Landschaftskarten, die sich in die Webseiten mehr oder minder hübsch integrieren ließen. Findcity ist ein Vertreter dieser Sorte Kartenanbieter. Die Internetnutzer der ersten Generation konnten sich ziemlich sicher sein: Auf der Internetseite meines Heimatortes finde auch die Gemeindekarte.
Und dann kam Google Maps
Irgendwann Mitte der 2000er Jahre bündelte Google alle Karten und brachte mit GoogleMaps eine Plattform an den Start. Diese enthielt zum einen sämtliche Gemeindekarten, dazu einen einfachen Routenplaner, außerdem die Möglichkeit, eigene Punkte zu setzen und so eigene Karten zu erstellen und – ganz wichtig – GoogleMaps ließ sich problemlos in Webseiten integrieren. Microsofts Bing und Open-Street-Map entwickelten vergleichbare Plattformen. Der Markt für kostenpflichte Stadtplan-Tools für Webseiten, die lange nicht so komfortabel und aktuell waren wie GoogleMaps & Co, ist im Prinzip tot.
Das hat sich aber noch nicht bei allen Anbieter von Stadtkarten herumgesprochen. Immer noch schicken Sie Vertreter in die Rathäuser, um ihre veralteten Produkte aus dem Web 0.7 anzubieten.
Vertreter sein per se ist nicht gerade der attraktivste Art, sein Geld zu verdienen. Ständig reist der Berufsdealer unterschiedlichster Produkte von Haustür zu Haustür und wirbt für die tollsten Dinge. Vertreter von Online-Produkten haben es besonders schwer. Was heute noch top aktuell ist, kann morgen schon überholt sein. Produzenten von Online-Tools, die auf die Werbung und den Vertrieb von Handelsvertretern angewiesen sind, hinken leider oft, ein bis fünf Jahre dem Stand der Technik hinterher. Und das lässt sich sogar noch steigern: Vertreter von EDV-Produkten für die öffentliche Verwaltung hantieren mit noch älteren Produkten, da ihre Entwicklung viel Entwicklungsmühen kostet, aber wenig Geld aus klammen öffentlichen Kassen verspricht. Wenn solche Vertreter dann auf Geeks treffen, wird es ungemütlich.
Es gibt nicht wenige Vertreter (ich kenne zwei), die sind sich gar nicht zu schade, offen zuzugeben, dass Sie Vertreter der Gruppe „Internetausdrucker“ angehören. O-Ton eines Vertreters eines Stadtplan-Verlags (Gedächtnisprotokoll):
Also, wenn ich irgendwo hinfahre, wo ich einen Stadtplan nicht griffbereit habe, gehe auf die Internetseite der Stadt und schaue mir den Stadtplan an. Den Zielort vergrößere ich mir dann für ein A4-Blatt und drucke die Seite aus. Den Zettel lege ich dann auf den Beifahrersitz.
Navigationssystem? Nicht vorhanden. Smartphone mit passender App? Nicht vorhanden beziehungsweise „Wat is denn ’n App?“.
Ok. Es gibt wirklich noch viele Internetnutzer, die so vorgehen. Aber kann es das Ziel einer Verwaltung sein, auf eine aussterbende Gruppe von Internetausdruckern bei der Entwicklung von Internetpräsenzen Rücksicht zu nehmen? Selbst „Silversurfer“, also die Generation der Ü-50-Internetnutzer findet immer mehr Gefallen an iPhone, Android-Handy & Co.
Finger weg von Tools aus der Internet-Steinzeit
Die Einbindung von Steinzeit-Tools hat folgenden Nachteile:
- Die Tools werden nur im Zusammenhang mit dem Vertrieb gedruckter Karten kostenlos angeboten.
- Das Kartenmaterial wird oft erst aktualisiert, wenn ein einer gedruckter Plan in Auftrag gegeben wird. Ist Vorrat erst nach 3 bis 5 Jahren verbraucht, sind die Karten entsprechend alt.
- Die Pläne stehen keineswegs auf der Webseite der Kommune, sondern lagern auf dem Server des Anbieters. Nur er hat Einfluss auf das Material.
- Oft wird nur auf die Seiten der Anbieter verlinkt. Der User ist also runter von der Seite der Gemeinde und muss erst wieder zurück, sucht er noch andere Informationen als den Wegeplan.
- Man hat nur Zugriff auf die Karte der Gemeinde, nicht der näheren Umgebung. Ist die Nachbarkommune bei einem anderen Anbieter, taucht sie in der Karte nicht auf. Es gibt es auch keinen Zoom auf die Region bis hin zum Kontinent.
- Routenplanung ist eine seltene und wenn dann teure Zusatzoption.
Es ist empfehlenswert, auf vorhandene Lösungen der großen Anbieter Google oder Microsoft zurückzugreifen. Noch sind diese kostenlos bis sehr günstig. Irgendwann, spätestens ab einer bestimmten Nutzerzahl, werden aber Google & Co. Geld für ihre Dienste verlangen.
Eine interessante und garantiert kostenlose Alternative ist Open-Street-Map. Hier werden Straßenkarten nach dem Prinzip „Schwarm-Intelligenz“ aktuell gehalten. Wie bei Wikipedia sorgen Nutzer selbst dafür, dass Straßen korrekt verlaufen und neue Wohngebiete eingezeichnet werden. Und das alles für einen Klaps auf die Schulter. Open-Source sei dank.
Was für Straßenkarten gilt, kann auch für andere Zusatzangebote auf den kommunalen Internetseiten gelten: Wetter, Terminplaner, Verkehrsanzeiger und so weiter.
Vertretern von Web-0.7-Produkten bleibt nur eines zu sagen: Meidet mein Büro!